Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben!
Das ist ein Buchtitel von Ben Furman (2013), den ich meinen Klient:innen gegenüber immer wieder gerne zitiere. Der Autor zeigt auf, wie schwierige Kindheitserlebnisse auch Quelle der Kraft sein können und uns eine Chance zum Wachsen bieten. Negative Erfahrungen in der Kindheit hinterlassen selbstverständlich Spuren in uns. Ebenso ist es statistisch belegt, dass Kinder mit ungünstigen Umgebungsbedingungen eine höhere Wahrscheinlichkeit für Probleme im Erwachsenenalter haben. Dennoch werden damit nur Risikofaktoren aufgezeigt und keine eindeutigen Ursachen erklärt. Die Resilienzforschung zeigt, dass kritische Lebensereignisse auch eine stärkende Wirkung haben können und wir dadurch Kompetenzen aufbauen, die unsere Standfestigkeit im späteren Leben steigern und uns zu Höchstleistungen motivieren. Dem entspricht auch ein anderes Zitat von Ben Furman „Nicht die Dinge, die uns zustoßen, beeinträchtigen uns, sondern die Art wie wir über sie denken.“(S. 30, Furman, 2023).
Ein Fallbeispiel
Der Psychiater und Psychotherapeut erzählt ein Fallbeispiel von einem 14jährigen Jungen, der aufgrund seiner sozialen Auffälligkeiten bereits eine Vielzahl von Pflegefamilien durchlebt hat. Die Bitte an ihn aufzulisten, was er in den jeweiligen Familien gelernt hatte, führte beim Betroffenen selbst und bei den Mitarbeitenden der Jugendhilfe schließlich zu einer veränderten Sichtweise. Der Junge merkte, dass er ein „ziemlicher Glückspilz“ sei, weil er in jeder Familie etwas Nützliches gelernt hatte.
Wie gelingt das?
Die Art und Weise wie wir auf unser Leben blicken, kann durchaus einiges verändern: Wenn eine Erinnerung vor allem mit Gefühlen von Scham und Schuld gekoppelt ist, so kann dies eine große Last sein. Blickt man hingegen auf eine Erinnerung mit dem Stolz, „etwas geschafft zu haben“ oder „unter den gegebenen Umständen richtig gehandelt zu haben“ so kann auch eine krisenhafte Lebenssituation eine Kraftquelle sein. Psychotherapie kann den Perspektivenwechsel unterstützen und so helfen Ressourcen zu erkennen, die man sich durch ungünstige Voraussetzungen in der Kindheit angeeignet hat. Eine Versöhnung mit der eigenen Lebensgeschichte wird so vielleicht möglich und man kann der Zukunft positiver entgegen blicken.
Literatur:
Furman, B. (2013). Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben (7. Auflage). Dortmund: Borgmann.
Furman, B. (2023). Zum Glück ist es nicht weit – Sieben Kompetenzen für eine bessere Beziehung zu sich und anderen (2. Auflage). Heidelberg: Carl-Auer.